Unterschiede zur HAW-Professur
Eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) ermöglicht Lehre und Forschung mit anwendungsbezogenem Schwerpunkt. Bei einer HAW-Professur gibt es viele Kooperationen, zum Beispiel mit kleinen und mittelständischen Betrieben sowie größeren Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen.
Im Unterschied zu S-Professor:innen sind HAW-Professor:innen allein an der Hochschule angestellt. Sie unterliegen keiner gemeinsamen Kooperationsvereinbarung von Hochschule und dem jeweiligen Unternehmen, bei dem sie forschen.
HAW-Professor:innen sind aufgrund von gesetzlichen Vorschriften in der Regel deutlich mehr in die Lehre involviert als S-Professor:innen oder Professor:innen, die an Universitäten tätig sind. Die Lehrverpflichtung umfasst in der Regel18 Semesterwochenstunden. Ihnen bleibt weniger Zeit für Verwaltungstätigkeiten und die Forschung, dafür haben sie mehr Kapazitäten, um sich mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs auseinandersetzen zu können.
Gemeinsame Berufung: Jülicher Modell, Berliner Modell, Karlsruher Modell, Thüringer Modell
Bei der Berufung von S-Professor:innen gibt es vier in der Praxis vorherrschende Modelle, die auf unterschiedliche Weise eine gemeinsame Berufung regeln. Als gemeinsame Berufung wird das Berufungsverfahren von einer Hochschule und einem außeruniversitären Forschungsinstitut bezeichnet.
Gemeinsame Berufungen zeichnen sich dadurch aus, dass Wissenschaftler:innen in Professuren an Hochschulen und gleichzeitig in Leitungs- oder Forschungspositionen an einer außeruniversitären Einrichtung berufen werden. Gemeinsame Berufungen haben den Vorteil, dass eine besondere Vernetzung der hochschulischen und der außerhochschulischen Forschung möglich gemacht wird.
Grundlagen für die gemeinsame Berufung finden sich in den meisten Bundesländern im entsprechenden Hochschulrecht. Wie genau sie ausgestaltet wird und abläuft, ist allerdings nicht geregelt. Aus diesem Mangel entstanden vier Modelle: Jülicher, Berliner, Karlsruher und Thüringer Modell, wobei letzteres eher selten zur Anwendung kommt.
Noch vor Schaffung einer Stelle handeln die Kooperationspartner unter Anwendung einer dieser Modelle aus, welche Aufgaben der oder die Berufene an der Hochschule und welche er an dem Forschungsinstitut erbringen muss. Inhalte sind unter anderem der Umfang der Lehrverpflichtung sowie Kosten- und Verfahrensregelungen für die gemeinsame Berufung. Die genaue Ausgestaltung solcher Kooperationsvereinbarungen unter Anwendung eines jeweiligen Modells liegt bei den Vertragspartnern. Auch Abweichungen sind möglich.
Jülicher Modell
Nach dem Jülicher Modell, auch Beurlaubungsmodell genannt, werden die Wissenschaftler:innen an der Hochschule umgehend beurlaubt, sobald sie in ein Beamtenverhältnis an der Hochschule berufen worden sind. Sie müssen nur in reduziertem Umfang in der Lehre tätig werden, in den meisten Fällen sind es zwei Semesterwochenstunden. Zugleich schließen sie einen Dienstvertrag mit der Forschungseinrichtung, die dann auch die Vergütung übernimmt, die sich möglichst an der Beamtenbesoldung orientieren sollte.
Berliner Modell
Nach dem Berliner Modell werden Professor:innen in ein Beamtenverhältnis an die Hochschule berufen. In diesem Rahmen weist der Dienstherr sie einer außeruniversitären Forschungseinrichtung zu, an der sie leiten und forschen sollen. Das Berliner Modell hat den Effekt, dass die Aufgaben von S-Professor:innen zur Lehre und zur akademischen Selbstverwaltung an der Hochschule reduziert werden. Die Hochschule beziehungsweise das Land übernimmt die Besoldung. Die Forschungseinrichtungen erstatten den Universitäten für diesen Ausfall die Personalkosten und beteiligen sich an den Altersbezügen. Das Modell wird daher auch Erstattungsmodell genannt.
Karlsruher Modell
Das Karlsruher Modell ist auch als Nebentätigkeitsmodell bekannt. Es sieht vor, dass S-Professor:innen ihren universitären Verpflichtungen in nur leicht reduziertem Ausmaß nachkommen und an der Forschungseinrichtung eine Leitungsfunktion in Nebentätigkeit aufnehmen. Dabei zahlt die Hochschule die Bezüge, die Nebentätigkeit wird gemäß einer Vereinbarung gesondert vergütet. Da das Karlsruher Modell ein enormes Arbeitspensum für S-Professor:innen bedeutet, ist es eher geeignet, wenn der forschende Part an einer vergleichbar kleinen Einrichtung stattfindet.
Thüringer Modell
Beim Thüringer Modell wird der oder die Berufene an der außerhochschulischen Einrichtung als Leitungsperson angestellt. Gleichzeitig findet eine Berufung von Seiten der Hochschule in Form einer mitgliedschaftlichen Stellung eines Professors oder einer Professorin statt. Der oder die Berufene kann daher den Titel Professor:in führen und Promotionen betreuen. Es besteht allerdings kein Beamten- oder Angestelltenverhältnis mit der Hochschule.