Drittmittelförderung: Welche Bedeutung hat sie für die Forschung?
Forschungsleistung erfordert Geld: Laut einem Bericht von „Deutschlandfunk Kultur“ von Oktober 2020 haben die deutschen Hochschulen im Jahr 2018 gut 18 Milliarden Euro für ihre Forschung ausgegeben. Allerdings sind die Hochschulen – wie die Bundesländer als ihre Geldgeber – an enge Etats gebunden. Deshalb sind in den vergangenen Jahrzehnten öffentliche und private Drittmittel immer wichtiger geworden.
Das Statistische Bundesamt hat in einer 2020 veröffentlichten Berechnung für das Jahr 2018 an deutschen Hochschulen insgesamt rund 8,3 Milliarden Euro an Drittmitteleinnahmen erfasst, Tendenz steigend. Annähernd die Hälfte der Forschungsausgaben an den Hochschulen war damit durch Drittmittel gegenfinanziert. Die meisten Drittmittel erhielten Universitäten in öffentlicher Hand dabei von der DFG (36,5 Prozent), dem Bund (26,2 Prozent), und der gewerblichen Wirtschaft (17,8 Prozent).
Bei Universitäten in privater Trägerschaft kamen die meisten Drittmittel aus der gewerblichen Wirtschaft (33,2 Prozent); 17,8 Prozent wurden von Stiftungen eingeworben, 15,2 Prozent vom Bund, 14,9 von den Ländern und 11,2 von der DFG.
Die universitären Fachbereiche mit den höchsten Drittmittelförderungsbeträgen sind regelmäßig die Ingenieurwissenschaften (rund 2,05 Milliarden Euro in 2018), Medizin und Gesundheitswissenschaften (rund 1,97 Milliarden Euro) sowie Mathematik und Naturwissenschaften (rund 1,89 Milliarden Euro). Grund dafür ist unter anderem, dass für Forschung auf höchstem Niveau insbesondere in diesen Fachbereichen moderne und teure Geräte benötigt werden, die die Hochschulen aus ihren Etats nicht selbst finanzieren können.
Drittmittelakquise: Wichtige Voraussetzung für die Wissenschaftskarriere
Laut Statistischem Bundesamt warben Professoren 2018 an einer deutschen Universität pro Kopf durchschnittlich 281.700 Euro an Drittmitteln ein, eine Steigerung von 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Entsprechend ist der Erfolg bei Drittmittelanträgen bei Berufungsverfahren für Professoren zu einem der wichtigsten Auswahlkriterien geworden – insbesondere in den technischen und naturwissenschaftlichen Fachbereichen. Drittmitteleinwerbung wird in vielen Stellenausschreibungen für Professorinnen ausdrücklich als Erwartung an den künftigen Stelleninhaber formuliert.
Promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten daher frühzeitig damit beginnen, für ihre Forschungsprojekte Drittmittel einzuwerben. Das hat gleich zwei Vorteile: Erstens sammeln sie wichtige Erfahrung zur Antragstellung, und können damit zweitens unabhängig und weisungsfrei forschen. Sie knüpfen wertvolle Kontakte und eröffnen sich damit manchmal selbst Chancen, später bei einem der öffentlichen oder privaten Geldgeber zu arbeiten.
Ein geeignetes Einsteigerprogramm ist beispielsweise die „Eigene Stelle“ bei der DFG. Auch als Postdoc auf einer Drittmittelstelle erwerben angehende Forscher Erfahrung mit der Drittmitteleinwerbung und- verwaltung.
Drittmittelantrag stellen: Das ist zu beachten
Ein Drittmittelantrag braucht Zeit und Vorlauf. Das organisatorische Prozedere kann sich über einige Monate hinziehen – umso mehr, wenn etwa in der freien Wirtschaft mehrere Kooperationspartner beteiligt sind.
Wer einen eigenen Antrag stellen möchte, wendet sich für grundlegende Infos am besten an die Drittmittelbeauftragten oder die jeweilige Servicestelle für Forschungsförderung an der Hochschule. Hier gibt es auch Hinweise auf geeignete Förderprogramme. Darüber hinaus bieten die meisten Hochschulen Seminare an, in denen Nachwuchsforscherinnen lernen, wie man einen Drittmittelantrag schreibt und welche Formalia dabei zu beachten sind.
Bei der DFG antragsberechtigt sind grundsätzlich alle Wissenschaftler in Deutschland und an deutschen Forschungseinrichtungen im Ausland, deren Ausbildung abgeschlossen ist, die also in der Regel promoviert und in der Postdoc-Phase sind. Die DFG stellt online umfassende Hinweise für Antragstellende zur Verfügung.
Erste Schritte: Drittmittelantrag vorbereiten und einreichen
Steht die Projektidee, dann arbeitet die wissenschaftliche Projektleitung bei der Vorbereitung des Drittmittelantrags eng mit der für Finanzen zuständigen Abteilung der Hochschulverwaltung zusammen. Anhand der Antragsvorgaben des potenziellen Drittmittelgebers muss ein solider Finanzierungsplan aufgestellt werden, der alle erforderlichen Kosten abdeckt. Bevor der Antrag beim Drittmittelgeber eingereicht werden kann, muss ihn das Hochschulpräsidium offiziell absegnen.
Die Universität Flensburg hat für ihre Forschenden einen Leitfaden entwickelt, in dem Beantragung und Durchführung von Drittmittelprojekten Schritt für Schritt erklärt werden.
Drittmittel einwerben: Mit Inhalt und Wortwahl überzeugen
Vom „Einwerben“ spricht man hier nicht umsonst, denn in ihrem Antrag müssen Forscherinnen durchaus Werbung für ihre Arbeit machen. Im Hinblick auf Drittmittel lohnt es sich daher manchmal auch, eigene Schwerpunkte zu hinterfragen: Welche Forschungsfragen sind gerade besonders drängend oder finden die meiste Beachtung?
Dabei spielt nicht nur die Inhalt, sondern auch die Wortwahl eine Rolle. Christian Volk, Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin, spricht in einem Bericht von „Deutschlandfunk Kultur“ die Notwendigkeit einer „strategischen Formulierung“ bei Drittmittelanträgen an. Es sei relevant, sich zu überlegen: „Was sind (...) gerade zentrale Begriffe? Was ist en vogue?“
Drittmittelantrag stellen: Notwendige Kriterien müssen erfüllt sein
Wie auch bei jeder Bewerbung gilt: Standard-Anschreiben führen selten zum Erfolg. Die Vorgaben, die die Drittmittelgeber an die Anträge stellen, sollten genau beachtet werden. Es muss überprüft werden, ob alle notwendigen Kriterien erfüllt werden. Vor der Abgabe sollten die Unterlagen grundsätzlich auf Vollständigkeit kontrolliert werden. Die Forschungsförderungsstelle der Hochschule kann hierzu beraten.
Einige Fördereinrichtungen sind mitunter sehr streng, wenn es um die Qualität der Anträge geht. So werden beispielsweise beim „Starting Grant“ des European Research Council (ERC) die eingehenden Anträge nach erfolgter Überprüfung verschiedener Kriterien bezüglich Antragsteller und Projekt in drei Gruppen eingeteilt. Die Bewertung „A“ bedeutet, dass alle Kriterien erfüllt sind und eine Förderung empfohlen wird. Wer eine „B“- oder „C“-Bewertung erhält, kommt für eine Förderung nicht infrage und ist für ein beziehungsweise zwei Folgejahre für eine erneute Antragstellung gesperrt.